Sonntag, 28. Februar 2010

Ein paar abenteuerliche Tage

Die vergangenen Tage waren abenteuerlich, anstrengend uns spaßig zu gleich. Von Malargue (dem Ort, von wo ich das letzte Mal berichtet habe) bin ich nach Bardas Blancas aufgebrochen. Eine mit 68km verhältnismäßig kurze Strecke. Allerdings hatte es das Wetter, die Steigung und vor allem auch die Pistenqualität in sich. Auf der Strecke erreichte ich den bisher höchsten Punkt meiner Reise (1998m - sagen wir 2000m), die stärksten Winde, die größte Hitze und die abscheulichste Straße. Es fing schon beim Frühstück an. Nach einem Mini-Croisant (bzw. dem was die hier so nennen) und einem etwas größerem Keks erklärte mir der Mitarbeiter des Hostels freundlich, dass es keinen Nachschlag gäbe. Also in der Stadt noch ein paar Bananen besorgt. Die ersten Kilometer war zwar eine relativ einfache Strecke, aber das ständige leiche hoch und runter und die an dieser Stelle doch sehr langweilige und unveränderte Landschaft waren recht demotivierend. In der Mittagspause, traf ich einen Chilenen, der gerade die Anden mit dem Rad
durchquert hatte und machte die erste unschöne Bekanntschaft mit den starken Winden hier. Mit heftigem Wind warteten nun auf Schoterpiste 500 Höhenmeter quälender Aufstieg auf mich. Der Wind ließ mich regelmäßig ins Schwanken kommen und oft musste ich einen Fuss auf den Boden setzten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Der aufgewirbelte Sand peitschte einem oft so stark gegen Beine und Arme, dass es weh tat und durch die fehlende Sonnenbrille trieb mir der Wind die Tränen und en Sand in die Augen. Wenn ein Auto entgegen kam, würde man in eine graue Wolke eingehüllt die einem jegliche Sicht und Luft nahm. Doch wie bei jedem Aufstieg motivierte die Aussicht auf die darauffolgende Abfahrt. Am Ende meiner Kräfte erreichte ich schließlich den Gipfel. Schaute bergab und empfand ein Hochgefühl diesen Berg unter diesen widrigen Bedingungen bezwungen zu haben. Ich setzte mich erneut in den Sattel und wartete darauf, dass ich ins Rollen kam. Doch nichts passierte. Ich trat ein paar mal in die Pedale, um etwas Schwung zu bekommen und wartete erneut. Nichts passierte. Im Gegenteil, ich verlor schnell wieder an Geschwindigkeit. Mir wurde klar, das auf den quälenden Aufstieg alles andere als eine spannende Abfahrt auf mich wartete. Der Wind auf der anderen Seite des Berges war noch viel stärker, so dass ich selbst bergab nur extrem langsam vorankam. Dazu musste ich ständig anhalten, da der Wind mich sonst vom Rad blasen wurde. Nach knapp zwei Stunden hatte ich 7km Abfahrt hinter mich gebracht Da ich all meine Kraft schon im Aufstieg gelassen hatte begann ich bald zu verzweifeln. Fragte mich, warum ich mir das eigentlich antat und fand keine Antwort auf die Frage. Die Sonne brandte und entzog einem zusätzlich jede Kraft. Gerne hätte ich eine Pause gemacht, allein schon, um meine Haut vor der Sonne zu schützen. Aber ein schattiges Plätzchen war nicht in Sicht. (Ein Problem auf das sich übrigens schon mehrfach als nicht zu vernachlässigend erwiesen hat, es ist nicht ungewöhnlich bei mehreren Stunden Fahrt keine einzige Stelle zu finden, die einem Schatten bieten könnte.) Nach ungezählten weiteren Stunden (oder Tagen, ich hatte jedes Zeigefühl verloren) erreichte ich eine Stelle an der 3 Bäume standen. Ein im Nachhinein unglaublich merkwürdiges und ungewöhnliches Bild und ich weiß nicht, welche höhere Kraft mir diese Bäume geschickt hat. Dort ruhte ich für etwa eine Stunde und fasste den Entschluss, dass mir keine andere Wahl bleibt als irgendwo mein Zelt aufzuschlagen und am nächsten Tag weiterzufahren. Da erreichte ein weiterer Chilene meinen Rastplatz.
Wie sich herrausstellte war er auch auf dem Weg nach Bardas Blancas. Außerdem hatte in der Stunde Pause der Wind abgenommen und meine Kräfte die Gelegenheit gehabt sich etwas zu erholen. Dem flotten Chilenen nacheilend (er hatte eindeutig die bessere Ausrüstung) schaffte ich so noch die letzten 16km nach Bardas Blancas. Dort machte ich einen Tag Rast. Um danach in zwei Etappen die 140km nach Barrancas aufzubrechen. Der Tag der ersten Etappe begann gut. Es ging hauptsächlich bergab und ich hatte den Wind im Rücken. Die Strecke war asphaltiert und der Tag Pause hatte mir viel Kraft verliehen ich kam also flott voran. Schon zur Mittagszeit hatte ich 70km geschafft.

Und auch wenn die Straße in der Zwischenzeit nur noch teilweise asphaltiert war beschloss ich nur eine kurze Mittagspause zu machen und die Strecke an einem Tag zu fahren. Ich war hoch motiviert und das Wetter auf meiner Seite. Die Straße meinte es aber mal wieder nicht gut mit mir. Zwar war sie größtenteils halbwegs in Ordnung, es versteckten sich aber einige Sandhügel und Schlaglöcher, die wegen der hohen Geschwindigkeit nicht ganz ungefährlich waren. Ein erster Sturz schaffte es mich nicht zu demotivieren. Danach ereilte mich ein Schlagloch. Der Stoß, der dabei meinem Gepäck verpasst wurde ließ den Gepäckträger nach unten sinken und auf dem Hinterrad schleifen. Wie sich herraustellte hatte der Fahrradladen in Buenos Aires den Gepäckträger ziemlich schlampig montiert. Keine einzige Schraube war wirklich fest angezogen gewesen. Und ich brauchte ca. 20 Minuten um den Gepäckträger soweit in Ordnung zu bringen. Für zwei Schrauben hatte ich nicht das passende Werkzeug, doch schließlich war es vorher auch etliche Kilometer so gegangen. Immernoch motiviert die Strecke an einem Tag zu schaffen fuhr ich weiter. Das nächste Schlagloch. Wieder schleifte der Gepäckträger auf dem Hinterrade. Aufgrund der zwei lockeren Schrauben hatte sich ein Teil leicht verbogen. Ich musste also die beiden Schrauben irgendwie festbekommen. Ich versuchte ein Auto anzuhalten und um Werkzeug zu bitten. Binnen einer guten Stunde passierten mich drei Autos. Das erste fuhr vorbei, das zweite hatte kein Werkzeug und das dritte brachte dann die gewünschte Rettung. Die Zeit die ich dadurch verloren hatte lies mich langsam an meinen Plänen zweifeln. Doch ich trat kräftiger in die Pedale, um es doch noch zu schaffen. Das nächste Schlagloch. Diesmal gab nicht nur der Gepäckträger auf sondern auch die Aufhängung einer der Packtaschen riss. Die Packtasche ließ sich problemlos ander montieren. Aber für den Gepäckträger war nun alle Hoffnung aufgegeben. Ich würde ihn nicht ohne Hilfe reparieren können. Die einzige Möglichkeit: Per Anhalter in die nächste Stadt um ihn dort irgendwie geflickt zu kriegen. Da ich keine große Lust hatte erneut in der Mittagshitze auf ein Auto zu warten baute ich mein Zelt auf und ruhte mich zunächst für ein bis zwei Stunden aus. Danach stellte ich mich zwei Stunden an die Straße ohne das ein Auto an mir vorbeifuhr. Es wurde Zeit etwas zu essen. In Buenos Aires hatte ich mir einen "Multifuel"-Brenner gekauft. Funktioniert mit Feuerzeugbenzin, Benzin, Petroleum und Diesel. Also eigentlich mit allem was flüßig ist - dachte ich. Offensichtlich funktionierte er nicht mit dem in Bardas Blancas gekauftem Spiritus. Nach verzweifelten Versuchen den Brenner irgendwie in Gang zu bringen (mein einziger Proviant bestand aus Unmengen an Nudeln und Sauce) versuchte ich den Spiritus irgendwie anders zum Wasserkochen nutzen zu können - erfolglos. Die Motivation ein Auto zu finden, dass mich mitnimmt wuchs. Doch Motivation nutzt nichts, wenn kein Auto kommt. Als die Sonne unterzugehen begann beschloss ich, dass es an der Zeit war einen Weg zu finden Wasser zum Kochen zu bringen. Ich buddelte also ein Loch, in dem ich Feuer machen konnte. Das einzige Holz was sich anbot, waren die dornigen Sträucher, die überall wuchsen. So riss ich mir ein paar Wunden in die Hände und schaffte es letztendlich meine Nudeln zu kochen.
Ich glaube ich habe noch nie soviel Zeit gebraucht, um etwas so abscheuliches zu kochen. Was ich am nächsten Tag frühstücken sollte wusste ich nicht, aber dafür hatte ich ja noch jede Menge Zeit. Da ich mein Zelt an diesem Tag bereits einmal auf und abgebaut hatte und die Gegend mir nicht nach fießen Schlangen oder Skorpionen aussah, beschloss ich ohne Zelt draußen zu schlafen. Mir bot sich erneut ein atemberaubender Sternenhimmel und des Nachts weckte mich ein Meerschweinchen, das an meinem Gesicht schnupperte.
Am nächsten Tag fand ich verhältnissmäßig schnell (ca. 2 Stunden) einen Lastwagen, der mich nach Ranquil Norte brachte. Ein Dorf, dessen Einwohner froh waren mir helfen zu dürfen. Etliche Leute versammelten sich, um sich meinem Gepäckträger anzutuen. Es wurde gehämmert, gesägt, geschweißt und gebohrt (OK, gerade übertreibe ich vielleicht ein bisschen). Letztlich erschien mir der Gepäckträger vertrauenderweckend genug, um mich weiterzuwagen. Nach ca. 20km erreichte ich Barrancas und beendete den Fahrradtag um mich von dem seelischen Streß zu erholen.
Dort lernte ich in der Touristeninformation einen netten, jungen Argentinier kennen mit dem ich mich in der Touristeninformation ca. 1-2 Stunden unterhielt und ihn für nach seinem Feierabend auf ein Bier auf meinem Campingplatz einlud. Gemeinsam zogen wir abends noch um die Häuser - um alle fünf -, er lud mich noch im Restaurant der Mutter seiner Freundin auf ein Schnitzel (natürlich vom Rind, Schwein ist ja viel zu teuer in Argentinien) ein und der Abend fand sein Ende in einer Turnhalle, in der sich jeden Abend die Dorfjugend versammelt, um Fußball zu spielen.
Am nächsten Tag ging es dann auf die bisher längste Strecke. 124km von Barrancas nach Chos Malal. Die Strecke war anstrengend und ging über Berg und Tal bis in zu einem wunderschönen Sonnenuntergang hinter den Anden. War aber ansonsten ohne besondere Vorkommnisse (auch mal angenehm).

In Chos Malal war der Plan mein Hinterrad zentrieren zu lassen und mir Taschen für das Vorderrad zu kaufen, um das Hinterrad und den Gepäckträger etwas zu entlasten. Leider hatten alle Fahrradläden zu. Deswegen geht es heute per Anhalter weiter nach Las Lajas. (Mein Hinterrad macht mir derzeit zu große Sorgen, als das ich die 160km nach Las Lajas noch damit fahren will.) In der Hoffnung, dass ich da dann am Montag mehr Glück mit Fahrradwerkstätten habe.

4 Kommentare:

  1. hahahaa...wie geil! wenn ich mir das so durch lese kommts mir fast so vor als würde ich so gut wie nichts erleben.
    ich hoffe dein weg birgt noch ein paar angenehme überraschungen für dich!
    benny

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  2. deine schlagloch geschiche lief gerade wie ein film in meinem kopf mit... saulustig wenn man es nicht selbst erleben muss... obwohl beim sternenhimmel wäre ich dann wieder am start gewesen.
    hoffe du hattest nicht den gedanken das bei nacht an deinem gesicht schnuppernde meerschwenichen zum frühstück zu essen... zumindest mir zu liebe :-)
    sonni

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  3. Ich hab mir erklaeren lassen, dass die Meerschweinchen hier zu klein zum Essen sind. Hat also Glueck gehabt. Und aus dem Tiefschlaf geweckt, waeren meine Chancen glaub ich eh recht schlecht gewesen :)

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  4. Pasta, du bist der krasseste! Ich wünsch dir weiterhin viel Spass und tolle Erlebnisse, aber pass auf dich auf ;)
    Freu mich drauf mehr von deiner abgefahrenen Reise zu lesen!

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