Sonntag, 24. Februar 2013

Die erste Woche in Kolumbien



Nach Anfangsschwierigkeiten in Bogota (ich hatte die falsche Adresse vom Hostel und bin ca. 2 Stunden mit dem Taxi durch Bogota geirrt auf der Suche nach einer Adresse, die es nicht gibt) starteten wir am Sonntag morgen unsere Tour. Ziel war es vor allem aus Bogota rauszukommen und Richtung Norden zu fahren. Es war Sonntag und Sonntags sind in Bogota einige Straßen auschließlich für Radfahrer geöffnet. In dem fahrradbegeisterten Kolumbien wird das jeden Sonntag schon volksfestartig zelebriert. Tatsächlich sind die gesperrten Straßen auch voll mit Radfahrern und Polizisten sowie freiwillige Helfer regeln den Verkehr. Dank dieses glücklichen Umstand, kamen wir problemlos auf dem sonst überfülltem Bogota raus. Mit ein paar ungeplanten Umwegen ging es auf der Hochebene Bogotas in Richtung Facatativa. Am ersten Tag hatten wir wenig Gelegenheit schöne Natur zu erleben. Der Tag war hauptsächtlich geprägt von Großstadtstress und vollen und lauten Straßen. Die Temperatur war wesentlich niedriger, als man es sich von Kolumbien erhoffen würde und als gegen Abend auch noch starker Regen einsetzte sank die Stimmung schon am ersten Tag. Durchnässt fanden wir, als es bereits dunkel wurde, kurz vor Facatativa ein Finca, wo wir übernachten konnten.


Am nächsten Tag bekamen wir dann, was wir uns erhofft hatten. Etwa 10km hinter Facatativa konnten wir endlich die Hauptstraße verlassen und fuhren auf einer Nebenstraße dem Tal entgegen. Die Landschaft war atemberaubend, der Verkehr gering und mit jedem Höhenmeter nach unten schien die Temperatur zu steigen, so das die schlechte Stimmung des Vortages schnell vergessen war. Mit ein paar Aufstiegen zwischendurch ging es zum größten Teil bergab in Richtung Rio Negro. Etwa 15km vor Cambao hielten wir für die Nacht an es begann bereits zu dunkeln und außerdem konnten wir uns so einen Teil der Abfahrt für den nächsten Tag aufheben.











Was sich schon am Vortag angedeutet hatte wurde uns am nächsten Tag nur all zu deutlich klar. Unten im Tal war die Hitze unerträglich. Was es uns zuvor zu kalt war, war es nun um ein vielfaches zu heiß. Der Plan war das Tal zu durchqueren und auf der anderen Seite Richtung Libano aufzusteigen. Dort wollten wir dann entscheiden, ob wir den Tour über den 4.100m hohen Pass wagen oder zurück zur Hauptstraße fahren, um einen Bus zu nehmen. Schon auf den ersten Kilometern des Aufstiegs quälte die Hitze vor allem mich unglaublich. Ohne zu wissen, wieviel Grad es waren, bin ich sicher noch nie bei so einer Hitze fahrradgefahren zu sein. Und dazu noch einen steilen Aufstieg. Judith fuhr voran, ich quälte mich hinter ihr Meter um Meter nach oben. Die Sonne brannte so stark, dass meine Haut schmerzhaft brannte. Zudem litt mein Kreislauf unter der Hitze so stark, dass ich beim Anhalten eine Minute brauchte, bis ich reden konnte. Nach etwa 200 Höhenmetern kapitulierte ich. Für mich war klar, dass ich unter diesen Bedingungen nur früh morgens oder spät abends fahren könnte, wenn es abgekühlt war. Da ich Probleme mit der Hitze im Tal hatte und es Judith bange vor der Kälte auf dem Pass war zogen wir die für Libano geplante Entscheidung vor und beschlossen zur Hauptstraße zu fahren, um einen Bus nach Manizales zu nehmen. Wir fuhren also die so hart erkämpften Höhenmeter wieder runter und weiter nach Norden. Auf halber Strecke zur Hauptstraße übernachteten wir nochmal und fuhren den Rest des Weges am nächsten Tag.







Da der Bus, der nach Manizales fuhr, recht groß war, lief das Mitnehmen der Fahrräder problemlos. Während der Busfahrt entschieden wir spontan auf dem höchsten Punkt des Passes auszusteigen. So erwartete uns eine rasante Abfahrt Richtung Manizales. Anstatt nach Manizales fuhren wir aber in den Nachbarort Villamaria. Von hier gab es eine Nebenstraße nach Chinchina. Allerdings machten wir am nächsten morgen zunächst eine unangenehme Feststellung. Was wir bisher für eine hohe Anzahl an Moskitostichen gehalten hatten, stellte sich als Bettwanzen heraus. Offensichtlich hatten wir uns das Ungeziefer in einer der vorherigen Herbergen zugezogen. Während ich weitestgehend verschont blieb war Judith an Armen und Beinen komplett zerstochen. Die juckenden Stiche sollten sie auch noch einige unangenehm Tage begleiten. Anstatt aufzubrechen, war nun erstmal Waschen an der Reihe. Judith erkundigte sich nach einem Waschsalon und war in der Lage sie zum schnellen Arbeiten zu bewegen, so dass wir schon gegen 11:00 die gewaschene und getrocknete Wäsche abholen konnten. Auf einer Schotterstraße ging es dann nach Chinchina. Die Temperatur war ideal und die Landschaft atemberaubend schön, so erlebten wir an diesem Tag die bis dahin wohl schönste Strecke. Als wir ein paar Kolumbianer fragten, ob es ein Restaurant auf dem Weg gäbe, wurden wir auch noch spontan zum Essen eingeladen. Leider hatten wir starke Verständigungsproblem, so dass die Unterhaltungen sehr beschränkt waren. Generell viel es uns beiden sehr schwer das kolumbianische Spanisch zu verstehen. Dennoch reichte die Kombination aus der Geste für Kokain und dem Wort „Peligroso“ um uns klar zu machen, dass der Weg nach Chinchina nicht der sicherste ist. Scheinbar kommt es mit einbrechender Dunkelheit häufig zu Überfällen. Auch wenn wir generell nicht bei Dunkelheit fahren, folgten wir der Beschreibung eines sichereren Weges nach Chinchina. 











Dort angekommen suchten wir uns eine Herberge, um am nächsten Morgen Richtung Santa Rosa aufzubrechen. Bei Santa Rosa gab es einen Wasserfall und heiße Therme. Unser Plan war die kurze Strecke nach Santa Rosa zu fahren und den Rest des Tages dort auszuspannen. Der Weg nach Santa Rosa war auch kurz und zum großen Teil bergab. Es stellte sich aber heraus, dass die Therme ein ganzes Stück außerhalb und etwa 500m über Santa Rosa lagen. Während wir uns zuvor noch auf den kühlenden Wasserfall gefreut haben, nahm die Temperatur am Nachmittag soweit ab, dass das nicht mehr so verlockend klang. Als dann auch noch der obligatorische Nachmittagsregen einsetzte, war uns die Lust auf die Entspannung komplett verdorben. Kurz vor den Thermen suchten wir uns einen überteuerten Campingplatz. Später entschieden wir uns doch noch die Therme zu besuchen. Leider stellten sie sich nicht wirklich als das heraus, was wir uns erhofft haben. Stark kultiviert und mit englischem Rasen, war es ein Ziel für vor allem den innerkolumbianischen Massentourismus. Da aber Nebensaison war, war es bei weitem nicht überfüllt. So genossen wir trotzdem eine Weile das warme und kalte Wasser von dem Hintergrund eines schönen, wenn auch nicht beeidruckendem Wasserfall. Den langen Abstecher und die 20.000 Pesos (8,- Euro) war es aber wohl nicht wert.


Der nächste Tag war von einem erschöpfendem Auf und Ab geprägt. Der Tag mit den bisher meißten Höhenmetern Aufstieg begann mit einigen Kilometern rasanter Abfahrt. Zunächst ging es zurück nach Santa Rosa und weiter bergab nach Pereira. Durch die Stadt kamen wir ebenfalls gut durch, da es weiter auschließlich bergab ging. Erst nach Pereira begann der anstregende Part. Alles was wir zuvor runtergefahren waren mussten wir nun wieder hoch und noch einige Höhenmeter mehr. Während Judith sonst immer – insbesondere bei aufstiegen – vorneweg fuhr quälte sie sich an diesem Tag sichtlich. Schon zur Mittagszeit war sie spürbar erschöpft und so machten wir eine ausgedehnte Mittagspause an eine Restaurant mit schönem Ausblick während der es auch die Gegelenheit gab, sich mit einigen Kolumbianern zu unterhalten. Es folgte ein weiteres Stücxk Aufstieg, eine längere Abfahrt und letztlich der finale Aufstieg nach Salento. Wenige hundert Meter vor Salento hörte ich Judith hinter mir aufschreien. Hatte sie schon an den Tagen zuvor mit Knieproblemen kämpfen müssen, haben die fielen Aufstiege dieses Tages das Knie wohl endgültig überlastet. Laufen ging problemlos doch an Fahrradfahren war nicht mehr zu denken. So schoben wir die Räder das letzte Stück nach Salento und liesen uns von einer Backpackerin ein Eco-Hostel etwas außerhalb empfehlen. Da es leicht abwärts ging, konnte Judith größtenteils dorthin rollen. Dort angekommen schlugen wir unser Zelt auf einer Anhöe mit wunderschöner Aussicht auf. Im Hostel gab es am Abend eine kleine Party. Ein Italiener machte Pizza im selbsgebauten „Ofen“ für alle und die Stimmung war gut. Hier wollen wir nun kurz verweilen, um Judiths Knie zu schonen und um zu Fuß das Valle de Cocora zu erkunden.