Dienstag, 8. Juni 2010

La Paz und drumherum

In Uyuni bin ich zum Ersten mal das bolivianische Leben richtig genossen. Das Land und die Leute unterscheiden sich enorm von den beiden bisher besuchten Ländern Chile und Argentinien. Während Letztere doch noch in großen Teilen an Europa erinnern merkt man hier, dass man tausende Kilometer von daheim entfernt ist. Der großteil der Bevölkerung, sieht sehr ethnisch, andin aus. Kleingewachsen, dunkelhäutig und faltig. Gerade die Frauen kleiden sich auch häufig noch in tradiotioneller Bunter Kleidung und Hüte liegen bei den Frauen voll im Trend. Mein Hauptbeschäftigung in Uyuni war ganz klar das Essen. Auf den Straßen gibt es viele kleine Essensstände, wo man die unterschiedlichsten bekannten und unbekannten Kleinigkeiten zufahren günstigsten Preisen kaufen kann. Ich konnte Stunde damit verbringen durch die Straßen zu laufen, das Treiben zu beobachten und mir immer wieder für 0,10 - 0,50 € eine Kleinigkeit zum Essen zu kaufen. Nach ein paar Tagen in Uyuni ging es dann per Bus nach La Paz. Die Hauptstadt von Bolivien wirkt bei der Ankunft extrem beeindruckend. Ehemals in einem Talkessel gelegen ist sie über die Jahre über dessen Grenzen hinausgewachsen. So sind die steilen Hänge dicht mit Häusern besiedelt und beim Fahren oder Laufen durch die Stadt hat man immer wieder große Steigungen zu überwinden. Das Zentrum der Stadt ist vor allem als chaotischste zu bezeichnen. Das Verkehrschaos wird beherrscht von öffentlichen Minibussen, bei denen immer jemand aus dem geöffneten Fenster oder der offenen Schiebetür die Fahrtziele herausschreit. Zu dem chaotischen Verkehr kommt also noch ein großes Stimmgewirr.

Mein erster Anlaufpunkt in La Paz war das „Casa de Ciclista“, welches sich im Chuquiago Café befand. Solche Casas de Cilcistas gibt es in mehreren Orten in Südamerika, bisher haben sie aber noch nicht meinen Weg gekreutz oder ich wusste nicht von ihrer Existenz. Im wesentlichen sind es Privatpersonen, die Tourenradlern eine Herberge und eine warme Dusche bieten. Hier Traf ich auf Christian und Luisa. Sie haben das Café und das Casa de Ciclista vor etwa einem Jahr ins leben gerufen. Christian hat etwa 10 Jahre in Deutschland gelebt und Physik studiert. Da ich von Anfang an beschlossen hatte etewas mehr Zeit in La Paz zu verbringen, quartierte ich mich nicht im Café ein, sondern suchte mir ein Hostal. In den nächsten Tagen verbrachte ich viel Zeit im Café und in der Gegend drumherum. Das Café stellte sich als ein zentraler Treffpunkt für Tourenradler aus aller Welt heraus. Während meines gesamten Aufenthalt in La Paz, trafen außer mir insgesamt 13 Radler aus 8 verschiedenen Ländern dort ein (die sich aber nie alle gelichzeitig dort aufhielten). Neben einem regen Austausch über die Erfahrungen auf dem Rad wurde auch das Nachtleben von La Paz gemeinsam ausgekostet.
Von links nach rechts: Falko (Deutschland), Juan (Spanien), Ich, Cristian (Bolivien), Christian (Schweiz)

Das, das fettige und sicher nicht ganz so hygensiche Essen auf der Straße sowie der unglaubliche Smog in dieser Stadt (Zitat Mama „Bei einer so hohen geographischen Lage wirkt sich eine Luftverpestung natürlich viel stärker aus. Da der Sauerstoffpartialdruck deutlich niedriger ist merkt man die C02- Belastung atemtechnich viel stärker.“) machten meiner Gesundheit zu schaffen. Einen Tag lag ich vollkommen flach und die mehrere Tage kämpfte ich mit Erschöpfung und Magenbeschwerden. Denoch versuchte ich von La Paz einiges aufzunehmen. Ich besuchte ein paar Museen, von denen mich das Musikmuseum am meißten begeisterte, insgesamt aber keines wirklich vom Hocker riss. Machte den ein oder anderen Rundgang durch die Stadt und besuchte den großen Markt auf „El Alto“. Hier gibt es unter anderem Essen, LKWs, Tiere (tot oder lebendig), Taschenlampen, Kücheneinrichtungen oder Klamotten zu kaufen. Kurz gesagt alles was ein Bolivianer braucht oder nicht braucht. Außerdem hatte ich die Gelegenheit einem lokalen Arzt bei der Arbeit zu zu sehen. Ein geschwollener Fuß musste behandelt werden. Die Medizin: Zwei (noch) lebende Eidechsen. Routiniert schnitt der Arzt erst der ersten, dann der zweiten mit einer stumpfen Nagelschere den Kopf ab. Das Blut am Hals wurde verwendet um die geschwollene Stelle einzureiben. Danach wurden die beiden Eidechsen fachgerecht ausgenommen und ihnen die Schwänze abgeschnitten. Die leere Hülle der Eidechsen wurde zusätzlich auf den dicken Fuß gelegt. Anschließend wurde das ganze mit Klopapier und einer Mullbinde bandagiert. Außerdem hatte ich das Glück zu einem der größten Feste in La Paz zu sein. Das "Grande Poder" ist eine Karnevalähnlicher Umzug bei denen etliche (irgendwo habe ich die Zahl 40.000 aufgeschnappt) in Kostüme gekleidete Tänzer durch die Stadt ziehen.

Nach knapp zwei Wochen in La Paz fällte ich dann die Entscheidung für ein paar Tage in eine Gegend mit angenehmerer Luft zu müssen. Mit dem Fahrrad ging es die Jungasstraße runter. Sie ist für ihre gefährlichkeit auch als sogenannte „Death Road“ bekannt und ein beliebtes Ziel für Touristen, die ebenfalls mit dem Fahrrad dort runterfahren, um sich im Anschlus mit T-Shirts als „Death-Road-Survivor“ auszugeben. Mich reizte weniger die Gefährlichkeit als die atemeberaubende Landschaft und die Möglichkeit bei einer Abfahrt von 4.600m auf 1.100m mehrere Klimazonen zu durchfahren. Von einem leeren LKW ließ ich mich von La Paz aus auf den Höchsten Punkt bringen und startete von da die Tour. Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Es war faszinierend wie sich während der Abfahrt die Landschaft nach und nach änderte. Von der trockenen und toten Landschaft um La Paz erreichte man nach einigen hundert Höhenmetern abwärts die erste Vegetation in Form von Büschen und gräsern. Weiter unten wurden dann die Büsche mehr und mehr zu Bäumen, das Gras grüner, später wurde aus Gras Farn aus Bäumen Bananenstauden und man befand sich im subtropischen Regenwald. Neben einem fiel die Straße häufig mehrere hundert Meter fast senkrecht ab.
Zwei unterwegs kennengelernte, bolivianische Weggefährten auf der Jungasstraße

Vom tiefsten Punkt ging es dann per Taxi wieder hoch nach Coroico. Eine kleine Stadt auf 1.700m mitten im Dschungel. Hier sind viele Ausländern „hängen geblieben“ und haben ein Hotel oder ein Restaurant gegründet. Für umgerechnet 5,- € stieg ich in einem Hotel ab, was mir nebst einem wunderbaren Ausblick auf die umgebenden bewaldeten Berge einen großen Garten und einen Pool und ein (extra zu bezahlendes ) Frühstücksbuffet bot.
Ausblick vom Hotel
"Städtische Müllverbrennung" von Coroico

Ich war nun in einer anderen Welt. Anstatt Autohupen hörte man Vogelzwitschern, anstatt Smog roch man Blumen, anstatt Hektik gab es Entspannung. Ich genoss es mich etwas ausruhen zu können. Verbrachte einen Tag quasi komplett im Hotelgarten und relaxte. Am nächsten Tag brach ich gemeinsam mit einer im Hotel kennengelernten Gruppe aus 4 Amerikanern und einer Holländerin zu einer Wanderung auf. Es ging runter ins Tal zu einem Flußlauf und einem Wasserfall und anschließend mit dem Taxi zurück in die Stadt.

Abends traf ich dann die bereits in La Paz kennengelernte Schwester von Christian (Valentina) sowie einige ihrer Brüder. Gemeinsam erforshten wir das praktisch nicht vorhandene Nachtleben von Coroico. Am nächsten Tag ging es dann spontan mit der Holländerin nach „Senda Verde“ (ich mit dem Fahrrad sie mit dem Taxi). Senda Verde ist eine Tierrefugio. Hier werden Tiere aufgenommen, die von ihren ursrprünglichen Besitzern mißhandelt wurden oder auf dem Schwarzmarkt zum Handel standen. Enstprechend wimmelt es hauptsächlich von Papageien und Affen, die alle mehr oder weniger zutraulich sind. Außerdem gibt es ein paar Hunde, zwei Boas, einen Bär und eine Raubkatze, die ich nicht zu Gesicht bekam sowie entliche andere Tiere. Außerdem jede Menge Freiwillige, die dort bei der Arbeit mit den Tieren aushalfen. Spontan beschlossen wir eine Nacht in dort zu übernachten. Die Zeit vor Ort verbrachte ich dann hauptsächlich mit Lesen und dem beobachten der Tiere. Das Lesen wurde jedoch häufig gestört von Affen, die an einem hochkletterten oder Papageien, die an den Hosenbeinen knapperten.

Schließlich ging es dann am nächsten Nachmittag zurück nach La Paz. Die nächste Nacht schlief ich dann im Café und brach gestern früh mit dem Bus nach Lima (Peru) auf. In dem ich nach mittlerweile 24h immer noch sitze. Hier kriege ich Besuch aus Deutschland. Caro, eine Freundin aus Hamburg, kommt für ein paar Wochen, um gemeinsam mit mir Peru zu besuchen.