Donnerstag, 15. Mai 2014

Über San Francisco bis nach L.A.


Nach langer Pause schreibe ich mal wieder. Leider ist vieles schon etwas in den Hintergrund gerückt, was den Bericht an Detailreiche mangeln lässt. Zudem hat die Pazifikküste zwar landschaftlich einiges zu überbieten, was aber auch letztlich dazu führt, dass die Bewohner sehr an Fahrradtouristen gewöhnt sind. So ist man dort oft statt Exot nur ein weiterer Fahrradfahrer. Das wirkt sich auf den Teil der Reise aus, der für mich immer der spannendste war: Das Kennenlernen der Einheimischen und der lokalen Kultur.
Nach wenigen regnerischen Tagen schwenkt das Wetter auch wieder um und bald ist es eher schon wieder zu warm.  Wie die ganze Zeit entlang der Pazifikküste bleibt mir auch der Wind treu und so komme ich schnell voran. Insbesondere gegen Nachmittag wird der Wind immer nochmal stärker und bläst mich einige Meilen weiter nach Süden. So sind alle Tagesetappen über 100km und San Francisco rückt schnell näher. Der letzte Stop vor San Francisco ist bei Rayne. Ein Freund von ihr ist auch noch zu Besuch, der uns aus meinen Essensvorräten ein köstliches Mal kredenzt. Wir drei verstehen uns alle super und der Abend ist von viel Lachen geprägt. Wir planen auch ein Wiedersehen in San Francisco was aber letztlich leider nicht hinkommt.





 
 
Von dort aus geht es nochmal 80km durch San Francisco durch bis nach San Mateo, wo ich auf Kai Christoph treffe. Ein ehemaliger Kommilitone, der mittlerweile in San Francisco wohnt und wo ich mich dankenswerterweise für ein paar Tage einquartieren kann. Von dort aus erkunde ich die Stadt und nehme ein paar Wartungsarbeiten an meinem Fahrrad vor. Die Bremsen haben mir schon lange Sorgen bereitet und die notwendigen Ersatzteile sind in den USA kaum zu bekommen. Dank der Möglichkeit sie zu Kai schicken zu lassen, kriege ich sie aber dort auch wieder fit. Neben den Abenden mit Kai und seiner Freundin Doreen ist ein Highlight ein Treffen mit einigen Kollegen von Zimory und DBCE. Zufällig zur selben Zeit zu der ich in San Francisco bin, haben auch sie eine „Reisegruppe“ dorthin entsendet und wir treffen uns an einem Abend auf Essen und Bier. Da Christof noch das Wochenende dranhängt, planen wir einen gemeinsamen Trip mit dem Mietwagen nach Big Sur. Im Cabrio und mit dem Fahrrad auf dem Rücksitz verlassen wir also San Francisco. Big Sur ist bekannt als eines der Highlights an der pazifischen Küste und tatsächlich sehen wir nicht nur etliche Seelöwen sondern unternehmen auch noch einen kleinen Spaziergang in einen Redwoodwald und genießen etwas Zeit am wunderschönen Strand. Ein gutes Stück südlich von San Francisco trennen sich unsere Wege dann wieder. Christof macht sich auf den Rückweg, während es für mich wieder mit dem Fahrrad weiter Richtung Los Angeles geht. Am Abend treffe ich auf dem Campingplatz eine Gruppe englischer Radreisender. Wir verbringen einen netten Abend zusammen, sie legen am nächsten Tag allerdings einen Ruhetag ein, während ich das dringende Ziel vor Augen habe, Los Angeles rechtzeitig für den bereits gebuchten Flug zu erreichen. Dank anhaltendem Rückenwind rückt L.A. auch schnell näher. Am nächsten Abend werde ich beim Kochen aufgeschreckt. Von Julian erfahre ich, dass keinen Kilometer von der Stelle, wo ich mein Nachtlager und meinen Kocher aufgeschlagen habe es früher am Tag ein großes Buschfeuer mit Großeinsatz von mehreren Löschflugzeugen und Helikoptern gegeben hat. Die Leute sind also wohl akut etwas empfindlich mit Feuer und ich solle das mit dem Kochen doch besser lassen. Da ich aber keine große Lust habe hungrig ins Bett zu gehen, finden wir letztlich doch einen geeigneten Platz, der sicher und zudem in alle Richtungen abgeschirmt ist. Auf der vorletzten Etappe vor L.A. treffe ich noch Lutz, einen deutschen Radreisenden und wir verbringen einen gemeinsamen Abend auf dem Campingplatz. Danach schließlich die letzte Etappe bis L.A. Die Hoffnung dort einen Fahrradkarton zu bekommen schlägt fehl und so gibt es lange Diskussionen beim Check-In, wie das Fahrrad zu verpacken sei und wie es mit der Haftung aussieht. Letztlich wird es aber angenommen und der Flug zum nächsten Abschnitt der Reise beginnt.















Samstag, 26. April 2014

Zur Westküste und Richtung Süden


Von Hoopa aus ging es Richtung Westküste. Mit der Ankunft im pazifischen Regenwald, macht dieser auch seinem Namen alle Ehre. Der letzte Pass vor der Westküste erweist sich als wesentlich länger, steiler und vor allem verregneter als erwartet. Ca. drei Stunden geht es entlang steiler Serpentinen und durch kalten, windigen Regen nach oben. Doch die Aussicht war die Mühe wert. Zwar ist es neblig und ich kann nicht bis zum Meer schauen, aber dennoch bietet sich mir eine schöne Landschaft aus grünen Wiesen und farbigen Blumen. Auch eine große Herde von Elchen begegnet mir, die als sie mich erblicken sich galoppierend über davon machen und wie ein Strom erscheinen, der sich über die Hügel dahinschlängelt. Bis ich schließlich die Abfahrt erreiche hat es auch aufgehört zu regnen und so düse ich die letzten Kilometer zum Pazifik waghalsig durch enge Kurven hinab.

Die Ankunft an der Westküste nimmt mich emotional mehr mit, als ich es gedacht hätte. Es ist schwer das Gefühl des Stolzes, der Freude und auch der Erleichterung zu beschreiben, dass mich bei dem Gedanken einen ganzen Kontinent mit dem Fahrrad durchquert zu haben ergreift. Die kürzeste Strecke von Ost nach West sind etwa 4.000km. Ich habe dafür gut 6.000km auf dem Fahrrad sowie ein Stück Auto und ein Stück Zug gebraucht. Vor allem aber viel Schweiß, Willenskraft und Ausdauer. Ich habe auf der Strecke viel über mich gelernt, an mir gezweifelt und Erkenntnisse gewonnen. Habe Tiefpunkte überwunden, Höhen erfahren und Frieden gefunden. Vor allem aber habe ich unglaublich viele nette und hilfsbereite Menschen getroffen, die diesen Urlaub zu dem gemacht haben, was er ist. Mit diesen Hochgefühlen baue ich mein Zelt am Strand auf und beschließe am nächsten Morgen nach einer verhältnismäßig kurzen Strecke in Arcata haltzumachen.










Dort komme ich zunächst im „Farmhouse“ unter. Ein Gemeinschaftshaus mit großem Grundstück, das als Selbstversorgergarten genutzt wird. Offensichtlich bin ich genau am richtigen Tag angekommen. Am Abend findet auf dem Grundstück ein Konzert von zwei Bands statt und so kann ich nun meine Ankunft an der Westküste gebührend feiern. Am nächsten Tag geht die Feier weiter. Ich werde spontan zu einem Ausflug nach Oregon eingeladen und sage zu. Gemeinsam mit einer der Bands vom Vortag geht es ein paar Stunden nach Norden. Dort gibt es das nächste Konzert am Strand mit einer weiteren Band. Auch das gemeinsame Frühstück geht schließlich in ein kleines Hofkonzert über, zu dem sich immer mehr Passanten dazugesellen. Viel zu früh müssen wir schließlich wieder aufbrechen, um zurück nach Arcata zu fahren. Als ob ich nicht genug Programm gehabt hätte, gibt es am Abend noch ein großes, gemeinsames Osteressen. Nach all der Feierei fällt es mir schwer mich wieder auf mein Rad zu schwingen und so breche ich spät von Arcata auf. Nach ganzen 11km komme ich in Eureka an und beschließe den Tag dort zu beenden. Ich schlage mein Quartier im nächsten Gemeinschaftshaus auf. Hier komme ich bei Annie, ihrer Mutter und vier weiteren, netten Menschen unter. Im „Pumpkinhouse“ lerne ich einiges über die lokale Kultur von Humboldt und lese den Entwurf des Buches, das Annies Mutter gerade schreibt. Ich genieße die Gemeinschaft so sehr, dass ich auch hier schließlich zwei Nächste bleibe. Und wie der Zufall es will, wird mir schon wieder Musik geboten. Eine lokale Band probt in Annies Atelier.


Am nächsten Tag ist es endgültig Zeit für mich mal wieder voranzukommen. Nach langer Pause freue ich mich darauf endlich mal wieder ein Stück zu radeln. Nachdem ich einige sonnige Tage in Arcata und Eureka genossen habe, ist es nun mit der Sonne vorbei. Die nächsten Tage bestehen aus vielen Schauern, die nur immer mal wieder von der Sonne unterbrochen werden. Der Weg führt mich zunächst etwas ins Landesinnere, durch die „Avenue of the Giants“. Einer Straße durch die Redwoods entlang zahloser riesieger Redwoodbäume und schließlich zurück an die atemberaubend schöne Pazifikküste.








Mittwoch, 16. April 2014

Durch Wald und Schnee bis fast zur Westküste


Wir starten Richtung Ogden (bei Salt Lake City) am Abend. So können wir noch ein paar fantastsiche Blicke auf den Grand Canyon bei Sonnenuntergang und mit heranziehender Wetterfron genießen. Das Dämmerlicht und das Wetter lassen die Canyon in einer ganz besonderen Atmosphäre erscheinen. Spät kommen wir an einem schönen Campingplatz an, doch da wir alle hundemüde von der Wanderung sind, gibt es weder Lagerfeuer noch den zuvor extra gekauften Wein. Durch Abwechslungsreiche Landschaft geht es am nächsten Tag bis Odgen. Unterwegs lerne ich, dass sich das unansehnliche, trockene Wüstenkraut nicht nur zum Loswerden unangenehmer Gerüche von Schlafsäcken sondern auch zum Vertreiben negativer Energie und böser Geister verwenden lässt. Zumindestens erster Anwendungszweck erscheint mir als sinnvoll und ich nehme mir vor demnächst welches in meinen Schlafsack zu packen.



In Ogden nehmen mich Marilyn und Andy bei sich auf. Auch Ratna bleibt dort als Gast für ein paar Tage. So genieße ich die Zeit in angenehmer Gesellschaft mit Ausflügen zu nahgelegenen Naturschönheiten und zwei Mountainbiketouren, während mein Fahrrad im Laden auf endgültige Reparatur wartet. Nach drei Nächten in Ogden ist es für mich an der Zeit aufzubrechen. Zunächst mit dem Zug etwas in Richtung Westen nach Reno und von da mit dem Fahrrad weiter. Der Zug fährt abends spät los und so verschlafe ich den großen Teil der Reise. Doch als ich mir die Landschaft am Morgen so anschaue, bin ich froh, dass ich diesen Teil der andauernden Langeweile übersprungen habe. Noch in der desolaten Wüste verlasse ich den Zug. Doch recht schnell geht es in waldigere Gebiete. Ich beschließe einen Tag Umweg über Lake Tahoe zu machen. Der See erinnert an ein Alpenpanorama und ich fühle mich direkt wohl in dieser Landschaft. Bei der leicht verzweifelten Suche nach einem schönen Platz am See zum Campen, komme ich mit David ins Gespräch der mir schließlich anbietet bei ihm zu übernachten. Gemeinsam besuchen wir noch die beiden lokalen Kneipen und nach dem ungewohnten Bierkonsum schlafe ich am nächsten Morgen etwas länger.






 




Von dort geht es dann weiter Richtung Norden. Die Landschaft besteht nun aus schönen bewaldeten und mit Schnee bedeckten Bergen. Ich selbst fahre auch immer mal wieder an kleineren Schneefeldern und einigen Seen vorbei. Die Sonne scheint und es ist angenehm warm, am Nachmittag sogar etwas zu heiß. Durch diese Landschaft geht es zwei Tage, mit einer Übernachtung im Dorfpark und einer direkt am schöne Lake Almanor, wo mir nicht nur ein schöner Sonnenaufgang sondern auch etliche Moskitos beschert werden. Am nächsten Tag geht es zum Lassen Volcanic National Park. Beim Eintritt in den Nationalpark, wird mir erklärt, dass die Straße wegen Schnee gesperrt ist, ich es aber mit dem Fahrrad probieren  kann, ob ich durchkomme. So mache ich mich auf den Aufstieg die lange Passstraße hinauf. Kurz vor dem höchsten Punkt (2.600m) ist die Straße nicht mehr geräumt und es liegt massig Schnee. Nachdem ich mühevoll all die Höhenmeter hinter mich gebracht habe, beschließe ich aber nicht aufzugeben. Schließlich bin ich fast oben und danach geht es nur noch bergab. Also fange ich an mein Fahrrad in den Schnee zu schieben. Es geht extrem langsam und mühsam voran. Sowohl ich als auch das Fahrrad versinken regelmäßig im Schnee und meine Arme sind bald erschöpft vom Schieben. Immernoch nicht zum Aufgeben bereit, beschließe ich, dass ich meine Technik ändern muss. Ich packe mein Gepäck um, so dass zwei meiner Fahrradtaschen leer sind. Diese binde ich unter die Reifen. So gleitet das Fahrrad über den Schnee anstatt zu rollen. Es ist nicht unbedingt leicht das Fahrrad so zu transportieren, jedoch wesentlich effizienter als der Versuch es zu rollen. Mit dem Wunsch möglichst weit unterhalb des Gipfels zu schlafen, schiebe ich mein Fahrrad so noch ein paar Stunden in die Nacht hinein durch den Schnee. Für die Mühen werde ich mit einem wunderbaren Sonnenuntergang und einer schönen Vollmondnacht belohnt. Doch irgendwann muss ich Müdigkeit und Erschöpfung nachgeben und schlage mein Nachtlager im Schnee auf. Die Nacht ist bitterkalt und mir kommen Zweifel, ob das Ganze eine gute Idee war. Ich weiß nicht wirklich, wie weit es ist, bis ich einen schneefreien Bereich erreiche außerdem können sich die Schneebedingungen ändern und der Schnee weicher werden. So träume ich davon, wie ich ohne Essen, verloren durch den Schnee irre und schlafe äußerst schlecht und unruhig. Am Morgen halten die Zweifel an. Ich schaue mir die Strecke nochmal auf der Karte an und erwäge umzukehren. Beschließe jedoch, dass ich über den Punkt hinweg, der mir eine Umkehr erlaubt hätte. Zu meiner Erleichterung stelle ich allerdings fest, dass der Schnee über Nacht so fest gefroren ist, dass ich darauf fahren kann. Also breche ich möglichst schnell und ohne Frühstück auf, um der Sonne zuvorzukommen. Wesentlich leichter als befürchtet rolle ich so langsam auf dem Schneefeld den Berg runter. Und auch das Ende des Schnees kommt früher als gedacht und so bin ich erleichtert dieses Abenteuer überwunden zu haben. Der Rest des Tages ist leicht. Es geht runter bis auf 200 Höhenmeter währenddessen sich die Landschaft von Nadelwald zu saftigem Grün verändert. In Pablo Cendro frage ich bei einem Haus mit weitläufigen Gelände am Bach frage ich die Leute, ob ich dort campen darf. Nach längerem Zögern, gestatten sie es mir und zeigen mir ein paar schöne Plätze am Bach. Das Wasser hat eine angenehme Temperatur und so nutze ich die Gelegenheit mich und meine Wäsche zu waschen. Kurz darauf tauchen die drei wieder auf. Mit einer Matratze und Kalifornischem Wein. Das ganze artet zu einer kleinen Party mit großem Lagerfeuer am Bach aus. Dazu kommt, dass es in dieser Nacht eine Mondfinsternis gibt, die wir gemeinsam beobachten. Und während ich mir mit einem Glas edelstem, kalifornischem Wein die Mondfinsternis anschaue, erinnere ich mich daran, dass ich vor 24 Stunden noch gedacht habe ich würde zu dieser Zeit hilflos im Schnee verhungern. Die nächsten beiden Tage geht es weiter Richtung Westen, wo ich mittlerweile in Hoopa angekommen und nur noch einen Katzensprung von der Westküste entfernt bin.