Der Abschied von Sophie lief nicht emotionslos ab. Hatten wir uns in der kurzen Zeit doch sehr aneinander gewöhnt und gut zusammen funktioniert. Für sie ging es weiter nach Tucson, wo sie einen ihr kaum bekannten Zweig ihrer Familie kennenlernen will. Mich dagegen zieht es nach Norden in Richtung Utah. Die Landschaft an diesem Tag entschädigt mich teilweise für den Abschied. Die Wüste in Arizona blüht. Die Kombination aus gigantischen Kakteen und farbenfrohen Wildblumen ist faszinierend. Dazu bieten die Berge mit der Mischung aus der rot-braunen Erde und grünem Gras und Gebüsch einen facettenreichen Hintergrund. Das ganze noch durchzogen vom Blau des Roosevelt Lakes macht das Farbenspiel perfekt. Ich verliere einiges an Höhe während ich zum Roosevelt Lake fahre, was die Stimmung steigen lässt. Als ich jedoch mein Zelt am Abend aufschlage fehlt mir die Person, mit der ich diesen Tag am Lagerfeuer Revue passieren lassen kann.
Am nächsten Tage muss ich die zuvor verlorenen Höhenmeter zurückerobern. Es geht weiter durch bunte Wüste und ich schaffe es pünktlich zur Nachmittagshitze den Anstieg zu beginnen. Nach all den Beschwerden über kaltes Wetter, freue ich mich mittlerweile über jeden Geier der über mir kreist um etwas Schatten zu spenden. Mit steigender Höhe verlasse ich auch die Wüste. Hatte ich mich vor einer Weile noch so auf den zu erwartenden Wald gefreut, fällt mir der Abschied nun schwer, hat mich die Landschaft doch nachhaltig beeindruckt. 1000 Höhenmeter später komme ich schließlich in dem Dorf Pine an, wo mir ich bei der lokalen Brauerei nicht nur leckeres Bier und einen Platz zum Campen sondern auch Empfehlungen für die kommende Route bekomme.
Die bekommene Empfehlung stellt sich als wahres Glanzstück heraus. Die Schotterpiste ist zwar, weil sie für Autos gesperrt und nicht gepflegt wird, nicht im besten Zustand allerdings geht es größtenteils bergab, was das relativiert. Zudem bietet sie Landschaftlich einiges. Die Aussicht auf die umliegenden, bewaldeten und felsigen Berge ist fantastaisch und die Abfahrt macht viel Spaß. Im Tal erwatet mich ein kleiner Fluß und die dazugehörigem, saftig grüne Landschaft. Ich wandere etwas am Fluß entlang und verbringe dort eine ausgedehnte Mittagspause. Danach geht es bergauf, jedoch ist die Straße auf dem Teil in verhältnismäßig guten Zustand und so komme ich letztliuch zuück auf die Hauptstraße und weiter bis nach Cottonwood, wo ich bei Gene und Peter unterkomme. Die beiden sind begeisterte Radfahrer, die auch schon einige Touren in Deutschland und anderen Europäischen Ländern hinter sich gebracht haben. Am nächsten Morgen darf ich noch mit Erstaunen feststellen, wie schnell Peter Platten flicken kann, als sich mein Rad als platt herausgestellt hat.
Von dort geht es weiter nach Flagstaff. Nach der Abfahrt vom Vortgag muss ich nun mal wieder Höhe gewinnen. Und ich staune nicht schlecht, als die Straße sich als weiteres lanschaftliches Highlight herausstellt. Es drängt sich die Frage auf, warum man eigentlich andere Gegenden als Arizona besuchen soll, wenn sich hier soviel wunderbare Landschaft aneinander reiht. Und auch die Menschen, die mir bisher begegnet sind lassen Arizona in besonderem Glanze erscheinen. Auch mein Host für die folgende Nacht – Dan – gehört dazu. Er ist extrem Hilfsbereit bei meiner Planung den Grand Canyon zu besuchen. Und auch bei dem verzweifelten Versuch, die Anreise von Kai – einem Freund, der jetzt in San Francisco wohnt – zu organisieren. Nach Vegas fliegen, Fahrrad leihen, Bus nach Flagstaff, von da zum Grand Canyon oder doch lieber über Phoenix und ein Fahrrad von Dan nehmen und wo kriegt er Fahrradtaschen her? Eigentlich war der Plan, das wir uns am Grand Canyon treffen und von da etwa eine Woche gemeinsam radeln. Allerdings stellt sich die Durchführung mit Anreise und Fahrradorganistion dann doch als unverhältnismäßig komplex heraus, selbst mit großzügiger Unterstützung von Dan. Und so blasen wir das vorhaben erstmal. Für mich geht es dennoch in Richtung Grand Canyon. Der nächste Tag beginnt spät mit ausführlichem Frühstück, Besuch beim Fahrradladen und im Supermarkt und so ist es nach 13 Uhr, bis ich tatsächlich aufbreche. Ich plane eigentlich keine weite Strecke für den Tag, doch der Wind ist mir Ausnahmsweise wohlgesonnen. Er bläst mich selbst die Anstiege hinauf. Wie stark er weht, wird mir aber vor allem bewusst, als ich ein etwa 30km langes Stück in Richtung Westen statt Norden fahren muss. Ich habe das Gefühl mehr seitwärts als geradeaus fahren zu müssen, um überhaupt die Richtung beizubehalten. Ununterbrochen lehne ich mich mit meinem ganzen Gewicht zur Seite, um nicht von der Straße geblasen zu werden. Doch auch dieser Abschnitt geht vor bei und der Wind trägt mich weiter nach Norden, so dass ich es früher als geplant fast bis zum Grand Canyon schaffe. Etwa 15km entfernt davon schlage ich schließlich mein Nachtlager auf und bin gespannt, was mich dort am nächsten Tag erwarten wird.
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