Von Hoopa aus
ging es Richtung Westküste. Mit der Ankunft im pazifischen Regenwald, macht
dieser auch seinem Namen alle Ehre. Der letzte Pass vor der Westküste erweist
sich als wesentlich länger, steiler und vor allem verregneter als erwartet. Ca.
drei Stunden geht es entlang steiler Serpentinen und durch kalten, windigen Regen
nach oben. Doch die Aussicht war die Mühe wert. Zwar ist es neblig und ich kann
nicht bis zum Meer schauen, aber dennoch bietet sich mir eine schöne Landschaft
aus grünen Wiesen und farbigen Blumen. Auch eine große Herde von Elchen
begegnet mir, die als sie mich erblicken sich galoppierend über davon machen
und wie ein Strom erscheinen, der sich über die Hügel dahinschlängelt. Bis ich
schließlich die Abfahrt erreiche hat es auch aufgehört zu regnen und so düse
ich die letzten Kilometer zum Pazifik waghalsig durch enge Kurven hinab.
Die Ankunft an
der Westküste nimmt mich emotional mehr mit, als ich es gedacht hätte. Es ist
schwer das Gefühl des Stolzes, der Freude und auch der Erleichterung zu
beschreiben, dass mich bei dem Gedanken einen ganzen Kontinent mit dem Fahrrad
durchquert zu haben ergreift. Die kürzeste Strecke von Ost nach West sind etwa 4.000km. Ich habe dafür gut 6.000km auf dem Fahrrad sowie ein Stück Auto und
ein Stück Zug gebraucht. Vor allem aber viel Schweiß, Willenskraft und Ausdauer.
Ich habe auf der Strecke viel über mich gelernt, an mir gezweifelt und Erkenntnisse
gewonnen. Habe Tiefpunkte überwunden, Höhen erfahren und Frieden gefunden. Vor allem aber habe ich unglaublich viele nette und hilfsbereite Menschen getroffen, die diesen Urlaub zu dem gemacht haben, was er ist. Mit
diesen Hochgefühlen baue ich mein Zelt am Strand auf und beschließe am nächsten
Morgen nach einer verhältnismäßig kurzen Strecke in Arcata haltzumachen.
Dort komme ich
zunächst im „Farmhouse“ unter. Ein Gemeinschaftshaus mit großem Grundstück, das
als Selbstversorgergarten genutzt wird. Offensichtlich bin ich genau am
richtigen Tag angekommen. Am Abend findet auf dem Grundstück ein Konzert von
zwei Bands statt und so kann ich nun meine Ankunft an der Westküste gebührend
feiern. Am nächsten Tag geht die Feier weiter. Ich werde spontan zu einem Ausflug
nach Oregon eingeladen und sage zu. Gemeinsam mit einer der Bands vom Vortag
geht es ein paar Stunden nach Norden. Dort gibt es das nächste Konzert am
Strand mit einer weiteren Band. Auch das gemeinsame Frühstück geht schließlich
in ein kleines Hofkonzert über, zu dem sich immer mehr Passanten dazugesellen.
Viel zu früh müssen wir schließlich wieder aufbrechen, um zurück nach Arcata zu
fahren. Als ob ich nicht genug Programm gehabt hätte, gibt es am Abend noch ein
großes, gemeinsames Osteressen. Nach all der Feierei fällt es mir schwer mich
wieder auf mein Rad zu schwingen und so breche ich spät von Arcata auf. Nach
ganzen 11km komme ich in Eureka an und beschließe den Tag dort zu beenden. Ich
schlage mein Quartier im nächsten Gemeinschaftshaus auf. Hier komme ich bei
Annie, ihrer Mutter und vier weiteren, netten Menschen unter. Im „Pumpkinhouse“
lerne ich einiges über die lokale Kultur von Humboldt und lese den Entwurf des
Buches, das Annies Mutter gerade schreibt. Ich genieße die Gemeinschaft so
sehr, dass ich auch hier schließlich zwei Nächste bleibe. Und wie der Zufall es
will, wird mir schon wieder Musik geboten. Eine lokale Band probt in Annies
Atelier.
Am nächsten Tag
ist es endgültig Zeit für mich mal wieder voranzukommen. Nach langer Pause
freue ich mich darauf endlich mal wieder ein Stück zu radeln. Nachdem ich
einige sonnige Tage in Arcata und Eureka genossen habe, ist es nun mit der
Sonne vorbei. Die nächsten Tage bestehen aus vielen Schauern, die nur immer mal
wieder von der Sonne unterbrochen werden. Der Weg führt mich zunächst etwas ins
Landesinnere, durch die „Avenue of the Giants“. Einer Straße durch die Redwoods
entlang zahloser riesieger Redwoodbäume und schließlich zurück an die atemberaubend
schöne Pazifikküste.