Die Erholung in Ibri hat uns gut getan. Mit neuer Kraft, frisch motiviert und mit starkem Rückenwind starten wir in den nächsten Tag. Es geht Richtung Bat, zunächst müssen wir Richtung Norden und kommen gut voran. Doch als wir nach Osten abbiegen ändert sich auch der Wind und bläst uns von nun an von schräg vorne entgegen und hindert uns so maßgeblich am Vorwärtskommen. Als Ausgleich dafür hat sich nun die Landschaft geändert. Wir fahren durch trockene Berge, die teilweise um jede Ecke einen neuen, faszinierenden Ausblick bieten. Wir hoffen uns in Bat in einem Restaurant stärken zu können, müssen aber feststellen, dass der einzige „Coffee Shop“, den es dort gibt, leider geschlossen hat. Wir beschließen von unserer geplanten Route abzuweichen und anstatt der asphaltierten Straße, eine Schotterpiste weiter in Richtung Al Ayn (nicht zu verwechseln mit dem Al Ayn in den VAE) zu nehmen. Wir haben zunächst noch einige Probleme den richtigen Weg zu finden, freuen uns dann aber über die Abwechslung in Form von Schotter unter unseren Rädern. Wir haben Spaß die Piste entlang zu fahren und schaffen fast den kommpletten Schotterweg noch am selben Tag. Als das nächste Dorf und die asphaltierte Piste schon in Sichweite sind, beschließen wir zu campen. Wir finden unterschlupf in einem Unterstand für Jäger. Um uns herum liegen Patronenhülsen und leere Munitionschachteln. Geschützt von einer kleiner Mauer und einem Dach aus Palmwedeln, breiten wir uns aus. In einem unbeaufsichtigten Moment erfasst der Wind Ersts Isomatte, die plötzlich spurlos verschwunden zu sein scheint. Da der Boden zu kalt ist, um direkt darauf zu schlafen, starten wir trotz hereinbrechender Dunkelheit noch eine Suchaktion. Allerdings ohne Erfolg. Wir nutzen ein paar Palmwedel, um für Ernst eine halbwegs isolierende Unterlage zu schaffen. Sie ist zwar nicht bequem, bringt ihn aber ohne Erkältung durch die Nacht.
Da die Nacht recht windstill war, haben wir am nächsten Morgen Hoffnung die Matte doch noch zu finden und suchen in einem größeren Bereich aufs Neue. Jedoch ohne Erfolg. Gerade als wir aufgeben und beschließen zu frühstücken, ertönt von Ernst ein „da liegt sie“ und tatsächlich, ganz in der Nähe unserer Lagers, hat sie sich in einem kleinen Graben versteckt. Uns bleibt also das Suchen nach einer Alternative erspart. Weiter geht es Richtung Wadi Damm (aka Wadi Dumm/Wadi Dhum/Wadi Dham). Bei Al Ayn, machen wir noch einen Zwischenstopp, um das touristsiche Ziel der ehemaligen Bienenstücke zu bewundern. Hier stehen mehrere alte, große „Steiniglus“, die früher zur Bienenzucht verwendet wurden. Schließlich erreichen wir das Wadi und sind begeistert. Nach all der Trockenheit bietet sich uns eine Oase, die sich in mehrere Kaskaden und Becken ergießt. Sogar kleine Fische schwimmen darinnen. Wir nutzen die Gelegenheit für eine ausführliche Mittagspause einschließlich schwimmen und sonnen. Das Dorf Baroot, welches bei dem Wadi liegt, spiegelt den Wohlstand des Landes wieder. Ist uns in anderen Bergdörfern schon aufgefallen, dass es viele Prunkbauten und große Moscheen gibt, so ist das hier besonders extrem. Es gibt nur wenige Häuser, aber alle davon sind reichlich verziehrt. Und den paar Einwohnern, reicht offensichtlich nicht die vorhandene Moschee, sondern es ist eine weitere, größere, schönere im Bau.
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Ehemalige Bienenzucht bei Al Ayn |
Leicht schweren Herzens schwingen wir uns wieder auf die Fahrräder. Nach der Karte der Schweizer, soll es von hier aus direkt eine Route zum Jabal Shams geben. Die Einheimischen behaupten aber das Gegenteil und so beschließen wir, die urspürngliche geplante Route in Richtung Sint zu nehmen. Dort soll es auch ein Restaurant geben und wir freuen uns auf ein weiteres Mal Hänhnchen mit Reis. Nur 10km sind es bis Sint, was wir nicht wissen ist, dass wir auf dem Weg einige hundert Höhenmeter passieren müssen. Überraschend kommen wir an unseren ersten richtig steilen und langen Aufstieg. Mühsam arbeiten wir uns Meter um Meter nach oben, um dann stolz und froh die Abfahrt in Richtung in Sint zu genießen. Früher als gedacht, bereits vor Sint, kommt die Abzweigung auf den Schotterweg richtung Jabal Shams. Sint liegt weiter im Tal. Das heißt für unser Mittagessen müssten wir uns später erneut den Berg raufquälen. Wir beschließen also erneut auf ein anständiges Mittagessen zu verzichten, ernähren uns von Brot mit Käse und fahren los auf die Schotterpiste. Hier gibt es immer wieder kurze, sehr steile Abschnitte. Während meine breiten Reifen dem Sand und Geröll trotzen, bleibt Ernst, mit seinen schmalen Reifen, an diesen Stellen zum Teil keine andere Wahl als zu schieben. Das kostet Kraft und schlägt auf die Stimmung. Wir schaffen es noch bis in ein kleines Dorf. Hier gibt es leider keinen der Englisch spricht. Dennoch können wir es uns halbwegs verständigen. Die Einheimischen sind beigestert von uns Radfahrern, insbesondere die Kinder haben großen Spaß an uns. Sie versuchen sich im Fahrradfahren, was kläglich scheitert. Auch die Erwachsenen, können scheinbar nicht fahrradfahren, haben aber Spaß daran es zu probieren. Uns wird Tee und Kaffe, frische Datteln, von der eigenen Dattelplantage sowie ein Platz zum Schlafen im Gemeinschaftsgebäude angeboten, was wir gerne annehmen.
Am nächsten morgen finden sich dann doch noch einige taugliche Radfahrer, die mit Vergnügen ein paar Runden mit unseren Rädern drehen. Mit etwas Verzögerung brechen wir dann auf, in einen Tag an dem uns klar wird, dass die Anstrengungen des Vortages nur ein Vorgeschmack waren. Unser Ziel ist der Jabal Shams und damit höchster Punkt unserer Reise (dieser „Abstecher“ ist in der aktuellen Routenplanung nicht zu sehen). Zunächst geht es den Rest der Schotterpiste entlang, erst noch eine Weile aufwärts und dann eine schnelle und holprige Abfahrt runter. Hier gibt es erste Verluste. Ernst bricht bei der holprigen Piste sein Vorderlicht ab. Danach beginnt der Aufstieg. Etwa 1.500 Höhenmeter liegen vor uns. An einer Mosche versorgen wir uns nochmal mit Wasser. Die Straße nach oben ist zwar zunächst asphaltiert aber extrem Steil. Die Schilder zeigen einen senkrechten Aufstieg an und so fühlt es sich auch an. Zudem scheint die Sonne wieder unerbitterlich und es ist weit und breit kein Schatten in Sicht. Häufig ist die Strecke so steil, dass nur noch ein Schieben möglich ist. Gegen 13 Uhr beschließen wir an einer Abzweigung Mittagspause zu machen. Hinter einem Müllcontainer, dem einzigen Schatten, der zu finden war, kochen wir uns einen Nudel-Snack und stärken die schwachen Glieder.Etwa zwei Stunden später geht es weiter. Uns wird klar, dass wir es nicht schaffen werden, den Aufstieg an einem Tag zu bewältigen. Es sind nur noch ein paar Stunden, bis es dunkel wird und wir haben noch ein gutes Stück vor uns. Zudem erhöht sich der Anspruch noch weiter, da ein Stück nach der Mittagspause der Asphalt aufhört und erneut eine Schotterpiste anfängt. Nachdem ich auf dem Asphalt weit hinter Ernst geblieben bin, bleibt er nun zurück. Auch mir raubr die Piste zwar die letzte Kraft, aber sie macht auch Spaß, während bei Ernst die Motivation zunehmend sinkt.Und nur durch Bananen wiederhergestellt werden kann. Bei Einbruch der Dunkelheit, wandelt sich die Pist erneut. Wir haben jetzt wieder Asphalt unter den Füßen. Während wir die Schotterpiste nicht bei Dunkelheit fahren wollten, beschließen wir nun doch das Ziel noch heute zu erreichen. Es sind nur noch wenige Kilometer anstrengender Aufstieg, dann haben wir das Camp, wo wir übernachten wollen erreicht. Hier gibt es eine Dusche und ausgiebieges Abendessen. Wir sind stolz und froh diesen Aufstieg gemeistert zu haben. Wie wir später ausrechnen, lag die durschnittliche Steigung bei knapp 7%. Dazu gehören aber auch flache Strecken und kurze Abfahrten.
Der nächste Tag ist als ein entspannter Tag geplant, wir wollen uns die Canyons anschauen, und dann die am Vortag hart erkämpften Höhenmeter wieder runtersausen. Doch fangen die Probleme schon früh an. Beim Besuch einer der Aussichtspunkte bemerke ich am Vormittag, dass die Linse meiner Kamera durch die Schotterpisten stark zerkratzt ist. Alle Bilder haben jetzt einen unschönen Fleck, was meine Laune nicht gerade steigen lässt. Wir schauen uns dennoch die Aussichten an und stüzren uns dann, wie geplant, dem Tal entgegen. Was uns noch vor wenigen Stunden die letzte Kraft aus den Muskeln gezogen hat, fliegt jetzt in Höchstgeschwindigkeiten um die 60km/h an uns vorbei. Doch dann passiert es, Ernsts Bremsen versagen. Während eine der beiden Bremsen schon länger ein Problem hatte, hält die zweite der Dauerbelastung nicht stand. Er rettet sich, indem er mit voller Wucht gegen den Bordstein am Straßenrand fährt. Glücklicherweise hatte er kurz zuvor angehalten, so dass seine Geschwindigkeit nicht so hoch war. Dennoch gibt es Schäden an Mensch und Material, auch wenn sie überschaubar sind. Ernst ist glücklich mit ein paar kleinen Macken davongekommen, das Fahrrad hat einen Platten, eine angeschlagene Felge und vor allem zwei defekte Bremsen. Die hydraulischen Bremsen, können wir ohne Spezialwerkzeug nicht selber flicken. Für Ernst bleibt an diesem Tag also nur noch das Trempen per Jeep. Geplant war am Wadi Ghul Mittagspause zu machen und dann weiter nach Al Hamra zu fahren. Wir verabreden uns also an der Einfahrt zum Wadi Guhl. Ernst fährt mit dem Jeep und ich mit dem Fahrrad. Schnell wird Ernst mitgenommen und überholt mich. Das Problem ist, dass das Wadi Guhl, wie wir vorher nicht wussten, nicht ein Ort ist sondern eine ganze Gegend. Es gibt also nicht „die Einfahrt“ zum Wadi Guhl sondern etliche. Ich fahre mehrmals die etwa 8km lange Strecke ab und finde Ernst aber nicht. Ich beschließe also nach Al Hamra weiter zu fahren und zu versuchen Ernst zu erreichen. Nach einigen Problemen schaffe ich es am Abend. Sein Fahrer hat auch nicht verstanden, wo der Eingang zu Wadi Guhl sein soll und ihn deswegen direkt nach Al Hamra zur Fahrradwerkstatt gebracht. Überrascht stelle ich also fest, dass wir uns nicht nur ganz in der Nähe von einander befinden sondern Ernsts Fahrrad auch schon wieder fahrbereit ist.
Am nächsten Tag besichtigen wir von Al Hamra aus, die „Hoota Caves“ eine Tropfsteinhöhle zwischen Al Hamra und Nizwa. Danach geht es weiter Richtung Nizwa. Bei der ersten Abfahrt, versagt Ernsts neuen Billigbremse. Wieder hat er Glück und es passiert nichts weiter. Doch wieder endet der Fahrradtag für ihn an diesem Punkt. Er trempt also ein weiteres mal und wir treffen uns in Nizwa. Ernst hat erneut eine reparierte Bremse. Aber wieder ist sie von eher schlechter Qualität und er ist noch unsicher, ob er sich mit ihr auf die Straße wagen soll. Hier in Nizwa, werden sich vermutlich unsere Wege trennen. Während Ernst Nach Muscat weiterfährt, um von dort heimzufliegen, werde ich noch einen Umweg nach Osten bis zur Küste fahren, um mich dann auf den Heimweg zu machen.