Nach Anfangsschwierigkeiten in Bogota
(ich hatte die falsche Adresse vom Hostel und bin ca. 2 Stunden mit
dem Taxi durch Bogota geirrt auf der Suche nach einer Adresse, die es
nicht gibt) starteten wir am Sonntag morgen unsere Tour. Ziel war es
vor allem aus Bogota rauszukommen und Richtung Norden zu fahren. Es
war Sonntag und Sonntags sind in Bogota einige Straßen auschließlich
für Radfahrer geöffnet. In dem fahrradbegeisterten Kolumbien wird
das jeden Sonntag schon volksfestartig zelebriert. Tatsächlich sind
die gesperrten Straßen auch voll mit Radfahrern und Polizisten sowie
freiwillige Helfer regeln den Verkehr. Dank dieses glücklichen
Umstand, kamen wir problemlos auf dem sonst überfülltem Bogota
raus. Mit ein paar ungeplanten Umwegen ging es auf der Hochebene
Bogotas in Richtung Facatativa. Am ersten Tag hatten wir wenig
Gelegenheit schöne Natur zu erleben. Der Tag war hauptsächtlich
geprägt von Großstadtstress und vollen und lauten Straßen. Die
Temperatur war wesentlich niedriger, als man es sich von Kolumbien
erhoffen würde und als gegen Abend auch noch starker Regen einsetzte
sank die Stimmung schon am ersten Tag. Durchnässt fanden wir, als es
bereits dunkel wurde, kurz vor Facatativa ein Finca, wo wir
übernachten konnten.
Am nächsten Tag bekamen wir dann, was
wir uns erhofft hatten. Etwa 10km hinter Facatativa konnten wir
endlich die Hauptstraße verlassen und fuhren auf einer Nebenstraße
dem Tal entgegen. Die Landschaft war atemberaubend, der Verkehr
gering und mit jedem Höhenmeter nach unten schien die Temperatur zu
steigen, so das die schlechte Stimmung des Vortages schnell vergessen
war. Mit ein paar Aufstiegen zwischendurch ging es zum größten Teil
bergab in Richtung Rio Negro. Etwa 15km vor Cambao hielten wir für
die Nacht an es begann bereits zu dunkeln und außerdem konnten wir
uns so einen Teil der Abfahrt für den nächsten Tag aufheben.
Was sich schon am Vortag angedeutet
hatte wurde uns am nächsten Tag nur all zu deutlich klar. Unten im
Tal war die Hitze unerträglich. Was es uns zuvor zu kalt war, war es
nun um ein vielfaches zu heiß. Der Plan war das Tal zu durchqueren
und auf der anderen Seite Richtung Libano aufzusteigen. Dort wollten
wir dann entscheiden, ob wir den Tour über den 4.100m hohen Pass
wagen oder zurück zur Hauptstraße fahren, um einen Bus zu nehmen.
Schon auf den ersten Kilometern des Aufstiegs quälte die Hitze vor
allem mich unglaublich. Ohne zu wissen, wieviel Grad es waren, bin
ich sicher noch nie bei so einer Hitze fahrradgefahren zu sein. Und
dazu noch einen steilen Aufstieg. Judith fuhr voran, ich quälte mich
hinter ihr Meter um Meter nach oben. Die Sonne brannte so stark, dass
meine Haut schmerzhaft brannte. Zudem litt mein Kreislauf unter der
Hitze so stark, dass ich beim Anhalten eine Minute brauchte, bis ich
reden konnte. Nach etwa 200 Höhenmetern kapitulierte ich. Für mich
war klar, dass ich unter diesen Bedingungen nur früh morgens oder
spät abends fahren könnte, wenn es abgekühlt war. Da ich Probleme
mit der Hitze im Tal hatte und es Judith bange vor der Kälte auf dem
Pass war zogen wir die für Libano geplante Entscheidung vor und
beschlossen zur Hauptstraße zu fahren, um einen Bus nach Manizales
zu nehmen. Wir fuhren also die so hart erkämpften Höhenmeter wieder
runter und weiter nach Norden. Auf halber Strecke zur Hauptstraße
übernachteten wir nochmal und fuhren den Rest des Weges am nächsten
Tag.
Da der Bus, der nach Manizales fuhr, recht groß war, lief das
Mitnehmen der Fahrräder problemlos. Während der Busfahrt
entschieden wir spontan auf dem höchsten Punkt des Passes
auszusteigen. So erwartete uns eine rasante Abfahrt Richtung
Manizales. Anstatt nach Manizales fuhren wir aber in den Nachbarort
Villamaria. Von hier gab es eine Nebenstraße nach Chinchina.
Allerdings machten wir am nächsten morgen zunächst eine unangenehme
Feststellung. Was wir bisher für eine hohe Anzahl an Moskitostichen
gehalten hatten, stellte sich als Bettwanzen heraus. Offensichtlich
hatten wir uns das Ungeziefer in einer der vorherigen Herbergen
zugezogen. Während ich weitestgehend verschont blieb war Judith an
Armen und Beinen komplett zerstochen. Die juckenden Stiche sollten
sie auch noch einige unangenehm Tage begleiten. Anstatt aufzubrechen,
war nun erstmal Waschen an der Reihe. Judith erkundigte sich nach
einem Waschsalon und war in der Lage sie zum schnellen Arbeiten zu
bewegen, so dass wir schon gegen 11:00 die gewaschene und getrocknete
Wäsche abholen konnten. Auf einer Schotterstraße ging es dann nach
Chinchina. Die Temperatur war ideal und die Landschaft atemberaubend
schön, so erlebten wir an diesem Tag die bis dahin wohl schönste
Strecke. Als wir ein paar Kolumbianer fragten, ob es ein Restaurant
auf dem Weg gäbe, wurden wir auch noch spontan zum Essen eingeladen.
Leider hatten wir starke Verständigungsproblem, so dass die
Unterhaltungen sehr beschränkt waren. Generell viel es uns beiden
sehr schwer das kolumbianische Spanisch zu verstehen. Dennoch reichte
die Kombination aus der Geste für Kokain und dem Wort „Peligroso“
um uns klar zu machen, dass der Weg nach Chinchina nicht der
sicherste ist. Scheinbar kommt es mit einbrechender Dunkelheit häufig
zu Überfällen. Auch wenn wir generell nicht bei Dunkelheit fahren,
folgten wir der Beschreibung eines sichereren Weges nach Chinchina.
Dort angekommen suchten wir uns eine Herberge, um am nächsten Morgen
Richtung Santa Rosa aufzubrechen. Bei Santa Rosa gab es einen
Wasserfall und heiße Therme. Unser Plan war die kurze Strecke nach
Santa Rosa zu fahren und den Rest des Tages dort auszuspannen. Der
Weg nach Santa Rosa war auch kurz und zum großen Teil bergab. Es
stellte sich aber heraus, dass die Therme ein ganzes Stück außerhalb
und etwa 500m über Santa Rosa lagen. Während wir uns zuvor noch auf
den kühlenden Wasserfall gefreut haben, nahm die Temperatur am
Nachmittag soweit ab, dass das nicht mehr so verlockend klang. Als
dann auch noch der obligatorische Nachmittagsregen einsetzte, war uns
die Lust auf die Entspannung komplett verdorben. Kurz vor den Thermen
suchten wir uns einen überteuerten Campingplatz. Später entschieden
wir uns doch noch die Therme zu besuchen. Leider stellten sie sich
nicht wirklich als das heraus, was wir uns erhofft haben. Stark
kultiviert und mit englischem Rasen, war es ein Ziel für vor allem
den innerkolumbianischen Massentourismus. Da aber Nebensaison war,
war es bei weitem nicht überfüllt. So genossen wir trotzdem eine
Weile das warme und kalte Wasser von dem Hintergrund eines schönen,
wenn auch nicht beeidruckendem Wasserfall. Den langen Abstecher und
die 20.000 Pesos (8,- Euro) war es aber wohl nicht wert.
Der nächste Tag war von einem
erschöpfendem Auf und Ab geprägt. Der Tag mit den bisher meißten
Höhenmetern Aufstieg begann mit einigen Kilometern rasanter Abfahrt.
Zunächst ging es zurück nach Santa Rosa und weiter bergab nach
Pereira. Durch die Stadt kamen wir ebenfalls gut durch, da es weiter
auschließlich bergab ging. Erst nach Pereira begann der anstregende
Part. Alles was wir zuvor runtergefahren waren mussten wir nun wieder
hoch und noch einige Höhenmeter mehr. Während Judith sonst immer –
insbesondere bei aufstiegen – vorneweg fuhr quälte sie sich an
diesem Tag sichtlich. Schon zur Mittagszeit war sie spürbar
erschöpft und so machten wir eine ausgedehnte Mittagspause an eine
Restaurant mit schönem Ausblick während der es auch die Gegelenheit
gab, sich mit einigen Kolumbianern zu unterhalten. Es folgte ein
weiteres Stücxk Aufstieg, eine längere Abfahrt und letztlich der
finale Aufstieg nach Salento. Wenige hundert Meter vor Salento hörte
ich Judith hinter mir aufschreien. Hatte sie schon an den Tagen zuvor
mit Knieproblemen kämpfen müssen, haben die fielen Aufstiege dieses
Tages das Knie wohl endgültig überlastet. Laufen ging problemlos
doch an Fahrradfahren war nicht mehr zu denken. So schoben wir die
Räder das letzte Stück nach Salento und liesen uns von einer
Backpackerin ein Eco-Hostel etwas außerhalb empfehlen. Da es leicht
abwärts ging, konnte Judith größtenteils dorthin rollen. Dort
angekommen schlugen wir unser Zelt auf einer Anhöe mit wunderschöner
Aussicht auf. Im Hostel gab es am Abend eine kleine Party. Ein
Italiener machte Pizza im selbsgebauten „Ofen“ für alle und die
Stimmung war gut. Hier wollen wir nun kurz verweilen, um Judiths Knie
zu schonen und um zu Fuß das Valle de Cocora zu erkunden.